shut up and listen! 2023
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Die achtzehnte Festivalausgabe von shut up and listen! inkludiert einundzwanzig konzertante bzw. performative Beiträge, darunter zahlreiche Uraufführungen, sowie Ausstellungsbeiträge und installative Klangkunst. Angesichts instabiler politischer Verhältnisse und ungewisser Zukunftsszenarien widmet sich das diesjährige Festival dem Themenfeld Chaos, sowohl in seiner ursprünglichen Bedeutung von χάος als ‚der weite leere Raum‘, ‚Lücke‘, oder ‚Abgrund‘ als auch im Sinne heutiger Bedeutungszuschreibungen wie ‚fehlende Ordnung‘, ‚Wirrwarr‘ oder ‚Durcheinander‘. Chaos trägt gleichermaßen negative und positive Konnotationen in sich und kann auch als Chance für gesellschaftliche Umorientierungen und kreativen Neubeginn betrachtet werden. Die Auseinandersetzung mit dem Zusammenwirken dieser Bedeutungsfelder erfolgt in Konzerten, partizipativen und grenzüberschreitenden Performances sowie mit intermedialen Installationen, Medienkunst und diskursiven Formaten wie Künstlergesprächen und einem Hörraum. Wie im letzten Jahr wird sual! 2023 als ‚Hybrid-Festival‘ sowohl via Streaming als auch im bewährten Format des kollektiven Erlebens vor Ort präsentiert.

Die Konzept- und Projektkünstlerin Gertrude Moser-Wagner zeigt eine ortspezifische Neufassung ihrer Installation Black Holes sowie die in Zusammenarbeit mit Ulrich Kaufmann entstandene Videoarbeit bridge NOTHING. Der Klangkunstpionier Erwin Stache ist mit seiner interaktiven Klangskulptur 24,9 Kilo Ohm vertreten, in welcher durch Berührung respektive Änderung des Hautwiderstandes Klänge erzeugt und manipuliert werden können.  Vor den Aufführungen sowie in den Pausen sind des Weiteren installative Klangkunstwerke von Bernhard Gál und Christopher Delaurenti und ein (Klang-)Objekt von Patrizia Ruthensteiner zu erleben. 

Zu Beginn des ersten Festivalabends lädt Maria Gstättner das p. t. Publikum mit Hörübungen von Pauline Oliveros und R. Murray Schafer zu selbstreflexiver Interaktion und Partizipation ein. Danach präsentiert das junge Wiener ensemble N Werke von Clara Iannotta, Daniela Terranova und Iannis Xenakis sowie eine Uraufführung von Nava Hemyari für Klarinette, Violoncello und Klavier. In PINK VOID werden Kurzbeiträge sowie eine kollektive Arbeit von Aleksandra Bajde, Isabella Forciniti, Margarethe Maierhofer-Lischka und Pia Palme präsentiert.

Anknüpfend an einen Ausschnitt aus Delia Derbyshires wegweisenden Werkzyklus The Dreams von 1964 stehen performative, grenzüberschreitende Präsentationen emanzipierter Kunstschaffender im Zentrum des zweiten Tages. Belma Bešlić-Gál stellt in der Lecture-Performance Lacus temporis ihre Vision eines außerirdischen Konzerts vor, mit all seinen spieltechnischen, musikpsychologischen und formalen Implikationen. Das Koartikulationskollektiv onophon präsentiert mit Einzelpaare Ausschnitte aus ihrem neuen Programm. In der transdisziplinären Performance Chimeric Chimes von Patrizia Ruthensteiner wird ein skulpturales und Klänge generierendes Kostüm durch Bewegungsimpulse der Tänzerin Cat Jimenez in Schwingung versetzt und bespielt. 

Tag 3 beginnt bereits spätnachmittags mit einem Hörraum, der demdeutschen Elektronikmusiker Bernhard Günter gewidmet ist, welcher ab den 1990er Jahren mit Kompositionen wie Time, Dreaming Itself maßgebliche Impulse für die Entwicklung des Genres lowercase sound setzte. Der amerikanische Klangkünstler und Hardware Hacking-Pionier Nicolas Collins reflektiert in einem Artist Talk seinen künstlerischen Weg von minimalistischen Wurzeln hin zur künstlerischen Auseinandersetzung mit unvorhersehbaren, chaotischen Systemen, und stellt dieses auch in einer Solo-Performance unter Beweis. Mit Beiträgen von Kevin Blackistone & Ksenia Bakhtina, Thomas Geissl sowie Gundega Graudina stellen sich Studierende des Master Studiengangs ‚Postdigital Lutherie‘ der Kunstuniversität Linz respektive der Anton Bruckner Privatuniversität vor. Zum Abschluss von shut up and listen! 2023 präsentiert das Performance-Kollektiv Ausländer die Freak Show, in welcher die gesellschaftliche Realität Wiens für Menschen ohne österreichischen Pass auf subversiv-humorvolle Weise thematisiert wird. 

Im Übrigen sind wir der Ansicht: Let’s shut up and listen!

Bernhard Gál, Künstlerische Leitung